Wie aufgeklärt war die Aufklärung, wenn sie nicht feministisch war? Dies ist die polemische Variante einer Frage, die man auch in der folgenden Weise formulieren kann: Wie aufgeklärt war die europäische Aufklärung im Hinblick auf rechtliche, politische, gesellschaftliche, religiöse und kulturelle Egalitätspostulate für beide Geschlechter, deren Verwirklichung ein ‚Zeitalter der Aufklärung‘ allererst in ein ‚aufgeklärtes Zeitalter‘ transformieren könnte?
Das Konzept einer feministischen Aufklärung zielt darauf ab, die Geschlechterfrage im Zentrum der Aufklärung zu positionieren statt sie in eine Unterkategorie der Aufklärungsforschung zu separieren. Es geht nicht darum, eine weibliche Variante der Aufklärung zu konstatieren oder eine thematische Nische zu bearbeiten, wie etwa die der Erziehung, zu der Frauen partikuläre Beiträge geleistet haben – vielmehr besteht das Forschungsprogramm darin, Feminismus und Aufklärung engzuführen und ihre systematische Verschränkung zu belegen. Dazu gehört auch eine Historisierung der Vorstellung, was ‚feministisch‘ in der Aufklärung bedeuten konnte und wie sich diese Vorstellungen über transnationale Netzwerke in Europa verbreiteten.